Im Jahr 2018 trat das neue sogenannte „2. Erwachsenenschutzgesetz“ in Kraft – dem folgte ein Höchststand von ca. 52.700 Sachwalterschaften in Österreich. Mittlerweile ist diese Zahl der „gerichtlichen Erwachsenenvertretungen“ auf 36.500 gesunken.
Die Organisation VertretungsNetz begrüßt diese Entwicklung – es sei eine der „großen Ziele der Reform“. Martin Marlovits, stv. Fachbereichsleiter Erwachsenenvertretung bei VertretungsNetz berichtet, dass man das Ende der „alten Sachwalterschaften“ spüre, diese laufen mit Ende 2023 ab. „Seit letztem Jahr steigt die Anzahl der Clearingaufträge zu alten Sachwalterschaften, die wir von den Gerichten erhalten, stark an“.
Mittlerweile ist eine Abklärung durch die Erwachsenenschutzvereine Pflicht – bei einem Fünftel der gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besteht laut den Vereinen die Option einer Aufhebung der Sachwalterschaft. Bei neueren Verfahren steigt dieser Wert sogar auf 41 % – also 4 von 10. Grund dafür ist, dass bei vielen Fällen eine Unterstützung aus dem sozialen Umfeld oder eine andere Form der Vertretung möglich ist.
Außerdem dürfte es eine Erwachsenenvertretung eigentlich nicht mehr geben, wenn „bloße“ Unterstützung ausreicht. Der Gesetzgeber betont hierbei, dass es wichtig sei, dass auch Menschen mit einer eingeschränkten Entscheidungsfähigkeit ihre Angelegenheiten selbst besorgen können. Die Organisation von entsprechenden Unterstützungsleistungen liegt dabei bei den Ländern. Martin Marlovits sieht hierbei hohen Nachholbedarf: „Es fehlen Leistungen wie persönliche Assistenz und soziale Dienste. Auch der Zugang zu Behörden ist immer noch mit einer Vielzahl von Barrieren verbunden“.
Wichtig ist: Seit der Reform des Erwachsenenschutzrechts bleiben auch Menschen mit gesetzlicher Vertretung grundsätzlich geschäfts- und handlungsfähig. „Dieser Punkt ist jedoch leider bei vielen noch nicht angekommen“, bedauert Marlovits. Oftmals wird eine Zustimmung der Erwachsenenvertretung gefordert. Zum Beispiel gibt es immer noch Banken, bei denen Personen mit Erwachsenenvertretung kein Konto errichten dürfen. VertretungsNetz versucht hierbei das Gespräch zu suchen – es werden aber auch juristische Schritte eingeleitet, falls nötig, betont Marlovits.
Das Problem liegt dabei, dass gewohnte Muster aufgrund von zusätzlichen Kosten und Aufwand oftmals nicht gerne aufgegeben werden. Es ist jedoch wichtig, dass Menschen mit Behinderung in jeder Weise dazu befähigt werden, selbstbestimmt zu leben – das Ziel ist eine inklusive Gesellschaft, in der dieses Recht auf Mit- & Selbstbestimmung anerkannt wird.
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[Downloads Broschüren zum Erwachsenenschutzrecht]
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 06.04.2022
Artikel-Kategorie(n): Menschen mit Lernschwierigkeiten, News
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