Mit Stolz wurde vergangenen Mittwoch auf 20 Jahre Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft zurückgeblickt. Die Feier fand gemeinsam mit zahlreichen Gästen aus der Branche im Sozialministerium statt – an jenem Ort, wo 1997 die Kollektivvertragsfähigkeit der Sozial- und Gesundheitsbranche gewährt wurde.
„Seit seiner Einführung vor zwei Jahrzehnten hat der Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte im privaten Sozial- und Gesundheitsbereich maßgeblich geprägt und stark verbessert“, so Sozialminister Johannes Rauch zum Auftakt der Jubiläumsveranstaltung. Mittlerweile regelt der Leit-KV des privaten Sozial-und Gesundheitsbereichs mehr als 110.000 Arbeitsverhältnisse in ganz Österreich. Und hat in seiner Vorreiterrolle auch immer wieder andere Branchen sowie die Politik beeinflusst.
„Wir arbeiten an etwas ganz Großem“
Ein wichtiger Meilenstein sei mit dem Inkrafttreten des KV im Jahre 2004 gelungen, so die einhellige Meinung der Festredner:innen. Tatsächlich vereint der KV der Sozialwirtschaft eine Vielzahl unterschiedlicher Fachbereiche und steht durch seine breite Anwendung für einen „in Europa einzigartigen Erfolg“.
Der Weg dorthin war jedoch nicht einfach, erinnert sich Erich Fenninger, Vorsitzender der Sozialwirtschaft Österreich. Einheitliche Standards für so viele Fachbereiche zu schaffen, erforderte lange Verhandlungsarbeit, die sich über mehrere Jahre zog. Doch man war sich der Bedeutung dieses Meilensteins sehr bewusst. „Wir arbeiten an etwas ganz Großem“, wurde verlautbart. Die Aufregung und Vorfreude der Beteiligten war groß und ließ sich auch von skeptischen Stimmen nicht beirren.
Am 17. Dezember 2003 wurde der Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft in Wien schließlich unterschieben. Mit 1. Juli 2004 trat der Vertrag in Kraft.
Weiterentwicklung des KV brachte viele Verbesserungen
20 Jahre sind seitdem vergangen, in denen sich der KV stetig verändert und weiterentwickelt hat. Aus der BAGS (Berufsvereinigung von Arbeitsgebern für Gesundheits- und Sozialberufe) wurde im Jahr 2012 die SWÖ (Sozialwirtschaft Österreich) und somit der KV entsprechend umbenannt.
Auch inhaltlich wurden viele Verbesserungen erreicht, von denen GPA-Vorsitzende Barbara Teiber im Rahmen der Jubiläumsfeier einige hervorhob: Bereits 2012 wurde beispielsweise die Anrechnung der Elternkarenzeiten im SWÖ-KV verankert, der Gesetzgeber zog erst später nach. Die Anrechnung der Vordienstzeiten ist seit 2013 im Kollektivvertrag festgelegt, der arbeitsrechtliche Anspruch auf einen Papa-Monat seit 2017. Im Jahr 2019 wurde ein zusätzlicher Urlaubstag nach 1-jähriger Betriebszugehörigkeit eingeführt sowie der Zuschlag für kurzfristiges Einspringen. Zuletzt wurde die Einführung der 37-Stunden-Woche im Jahr 2022 als wichtige Errungenschaft genannt, was im Festsaal für großen Applaus sorgte.
Wer einen genaueren Blick auf die Entwicklung des SWÖ-KV werfen möchte, kann auf Behindertenarbeit.at alle Kollektivverträge der Sozialwirtschaft seit 2005 einsehen und downloaden.
Dialog der Sozialpartner von großer Bedeutung
Auch Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, kam zu Wort und betonte den Wert des Dialogs zwischen den Sozialpartnern. Der KV stehe nicht zuletzt für Schutz und Sicherheit. Die Auseinandersetzungen im Rahmen der KV-Verhandlungen seien entscheidend für dieses Gefühl. „Dieses Wissen, dass man als Arbeitnehmer auch dem Arbeitsgeber gegenübertreten kann, dass man sich widersetzen kann“, das sei ein wichtiges Erlebnis. „Das ist Demokratie“.
Der Dialog ist laut Hebenstreit auch angesichts aktueller Krisen von Bedeutung: „Die Herausforderungen, denen man gegenüberstehe – sei es der Fachkräftebedarf, die demographische Entwicklung oder die steigenden Anforderungen an die Qualität der Dienstleistungen – erfordern gemeinsame Anstrengungen und innovative Lösungsansätze.“ Dies sei nur durch den kontinuierlichen Austausch und den Zusammenhalt der Sozialpartner möglich.
Neue SWÖ-Geschäftsführerin Hochsteiner: „Es ist ein guter KV“
Abschließende Worte fand Yvonne Hochsteiner, die mit 1. Juli 2024 die SWÖ-Geschäftsführung von Walter Marschitz übernommen hat. Die Arbeitsrecht- und KV-Expertin ist bereits seit 10 Jahren in der SWÖ tätig und leitete zuletzt die Rechtsberatung, die sie selbst über die vergangenen Jahre aufgebaut hat.
In ihrer Rede erwähnte sie die Bedeutung des KV für die Beschäftigten in der Branche. In diesem Zusammenhang hob sie auch die KV-Verhandlungen hervor, die nicht immer einfach seien, aber stets auf gegenseitiger Wertschätzung und einem vertrauensvollen Verhältnis basieren. „Es ist ein guter KV“, zeigt sich Hochsteiner überzeugt.
Quellen:
Alle KV-Verträge gesammelt auf Behindertenarbeit.at seit 2005 https://www.behindertenarbeit.at/category/themen/kollektivvertrage/bags-kollektivvertrag/
SWÖ via OTS | 3.7.2024
Sozial- und Gesundheitsbranche feiert 20 Jahre Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240703_OTS0103
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 09.07.2024
Artikel-Kategorie(n): Allgemein, News
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