2008 ratifizierte Österreich die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Österreich ging damit einen völkerrechtlich bindenden Vertrag ein. Gedanken(spiele) zu Vergangenem und Zukünftigem von Isabell Supanic.
…Die Behindertenrechtskonvention (BRK) ist kein „besonderes“ Dokument, das „besondere“ Rechte für „besondere“ Menschen enthält.
…Das einzig „Besondere“ daran ist der Umstand, dass Menschenrechte erstmals im Blickwinkel auf eine bestimmte Personengruppe beleuchtet werden.
…Also: Die UN-BRK ist ein Dokument über Menschenrechte. Mit gezieltem Blick auf die Rechte behinderter Menschen.
Was bisher (nicht) geschah…
In den Sience Fiction Filmen der 80er und 90er Jahre glaubte man, dass im Jahr 2020 Autos bestimmt schon fliegen können. Oder dass es eine Maschine geben wird, mit deren Hilfe man in die Vergangenheit oder Zukunft reisen kann. Oder dass es genauso viele Roboter wie Menschen geben wird…
…2020 will die österreichische Regierung die Chancengleichheit und die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe für behinderte Menschen umgesetzt haben… Also keine fliegenden Autos. Nur die Umsetzung von Menschenrechten… Hm.
Wozu hat Österreich – allen voran die österreichischen PolitikerInnen – sich mit der Vertragsunterzeichnung verpflichtet? Unter anderem…
…für die Miteinbeziehung behinderter Menschen in die Erstellung eines Plans, der Schritte und Maßnahmen beinhaltet, um die Umsetzung der Rechte behinderter Menschen zu sichern.
…für die ausnahmslose Mitarbeit behinderter Menschen – wenn es um Unterstützungsmaßnahmen geht, die sie zur Ausübung ihrer Rechte benötigen.
…für die Abschaffung von Diskriminierungen aller Art, für die Abschaffung von Barrieren aller Art, für die Abschaffung von Fremdbestimmung und Abhängigkeit.
Ein erster Entwurf dieses Plans wurde erstellt. Einige behinderte Menschen durften einmal an einer Veranstaltung dazu teilnehmen.
Ein knappes Jahr nach dieser Veranstaltung wurde der Entwurf vom Sozialministerium veröffentlicht. Mit einigen Fehlern…
Welche Fehler? Und warum sind diese passiert? Einige Gedanken dazu…
Im NAP stehen unter anderem Maßnahmen was und wie etwas umgesetzt werden soll. Viele Maßnahmen sind unspezifisch formuliert. Indikatoren um den Erfolg/Misserfolg von umgesetzten Maßnahmen messen zu können fehlen häufig.
Zum Beispiel steht da:
Stärkung der Selbstvertretung von Menschen mit Lernbehinderung durch Pilotprojekte.
Komisch. Pilotprojekte gab und gibt es bereits eine Menge zu diesem Punkt (vgl. Stellungnahme zum NAP vom Netzwerk Selbstvertretung Österreich). Manche Leute haben anscheinend Lust dazu, das Rad zweimal zu erfinden. So etwas passiert, wenn man einem längst präsenten und wichtigem Thema bislang keine oder zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Dann verabsäumt man zu wissen, was es schon Vorbildliches gibt.
Oder:
Fortbildungsveranstaltungen zum Thema ‚Inklusion‘ für alle Schularten.
Wieso steht da nicht, dass die Fortbildungsveranstaltungen von behinderten Menschen gestaltet und abgehalten werden sollen/müssen? Und man ihnen dafür Persönliche Assistenz zur Verfügung stellt? Nägel ohne Köpfe…
Es gibt keine Leichter-Lesen-Version des Entwurfes. Dass im Entwurf die Bezeichnung „geistige Behinderung“ verwendet wird, zeigt nochmals deutlich auf, dass hier Leute am Werk waren, die es (wieder) verabsäumt haben, an zeitgemäße Entwicklungen anzuknüpfen. Oder vereinfacht ausgedrückt: keine Ahnung haben. Oder keinen Respekt? Wenn sie sich damit auseinandergesetzt hätten, wüssten sie, dass dieser Begriff von Menschen mit Lernschwierigkeiten abgelehnt wird. Und das nicht erst seit Februar 2012…
Gelebte Menschenrechte oder fliegende Autos? Eine solche Frage sollte sich eigentlich ihrer selbst erübrigen…
AutorIn: Isabell Supanic
Zuletzt aktualisiert am: 12.03.2012
Artikel-Kategorie(n): Kommentare
Permalink: [Kurzlink]