Leider weiterhin keine ernsthafte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Österreich
Der internationale Tag der Menschen mit Behinderungen gilt als Aufruf der Vereinten Nationen, auf die Anliegen und Rechte von Menschen mit Behinderungen hinzuweisen. Gleichberechtigte Teilhabe und umfassende Barrierefreiheit sind als Menschenrecht in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) normiert.
Blickt man auf den Herbst 2016, scheint es sich um schlechte Zeiten für Menschen mit Behinderungen zu handeln. Gesetze werden ohne relevante Einbeziehung beschlossen – von echter Partizipation im Sinne der UN-BRK kann keine Rede sein. Gesetzesänderungen ignorieren weiterhin die Vorgaben, die in der UN-BRK für Gesetzgebung und Vollziehung in Österreich gelten. Gleichzeitig verändert sich der Arbeitsmarkt zunehmend in eine Richtung, bei der für Inklusion und Wertschätzung von Vielfalt offenbar wenig Raum bleibt.
Eine Politik, in der Randgruppen gegeneinander ausgespielt werden, schafft ein gesellschaftliches Klima, in dem sich benachteiligte Personengruppen nicht ernst genommen und von der Politik allein gelassen fühlen. Jetzt wären deutliche Signale in Richtung einer inklusiven Gesellschaft nötig, um die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für alle Menschen zu ermöglichen.
Barrierefreiheit ist durch die UN-BRK als Menschenrecht verankert. Die Republik Österreich hat diesen großen Auftrag durch die Ratifikation 2008 übernommen. Der Paradigmenwechsel zum sozialen Modell von Behinderung (Stichwort: wir sind nicht behindert, sondern wir werden behindert) ist aber noch lange nicht vollzogen. Ökonomische Barrieren werden nicht abgebaut, sondern die Armutsgefährdung für Menschen mit Behinderungen verschärft sich weiter. Etwa durch die aktuellen Entwicklungen bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen steigt wesentlich stärker als bei nichtbehinderten Menschen. Und es fehlt an ambitionierten und zukunftsweisenden Programmen, diesen Problemlagen ernsthaft und im Sinne der UN-BRK zu begegnen. Die Ausgleichstaxe ist immer noch so niedrig bemessen, dass sie kein Umdenken in der Wirtschaft und vor allem seitens einstellungspflichtiger Unternehmen bewirkt. Es stockt die längst geplante Novellierung des Behinderten-Einstellungsgesetzes hin zum sozialen Modell von Behinderung, das sich am Unterstützungsbedarf orientiert.
In Bezug auf die bauliche und gestalterische Barrierefreiheit sind gegenwärtig vorwiegend Rückschritte feststellbar. Die Bundesländer senken die Standards für Barrierefreiheit in den Bauordnungen nach und nach, anstatt die UN-BRK endlich mit österreichweit einheitlichen Normen umzusetzen. Bleibt zu hoffen, dass bei politischen Vorhaben wie einer bundeseinheitlichen Bauordnung oder der Novelle der Gewerbeordnung mit Augenmaß und Sensibilität vorgegangen wird und nicht auf die Menschen (mit und ohne Behinderung) vergessen wird. Wann wird endlich erkannt, dass der Abbau von Barrieren aller Art letztlich allen Menschen zugutekommt?
Quelle: APA-OTS
AutorIn: ÖZIV Bundesverband
Zuletzt aktualisiert am: 18.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Gleichstellung und Antidiskriminierung, News
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